Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Krankenhausgesetzes

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär, eine spannende Diskussion wird es mit Sicherheit. Ob das natürlich die ist, die Sie favorisieren würden, bin ich mir nicht ganz sicher - aber egal. Da ist es nun, das lang ersehnte Thüringer Krankenhausgesetz. Seit 2003 - noch einmal zur Erinnerung für alle - harrt Thüringen einer aktualisierten Fassung. Trotz tiefgreifender Reformen im stationären Sektor - das wird keiner bestreiten wollen -, wie beispielsweise die Einführung der DRGs, haben die verschiedenen Thüringer Landesregierungen es bisher nicht geschafft, ein neues vorzulegen. Auch für alle noch einmal zur Erinnerung, es spielten sich ja teilweise sogar Possen darum ab. Ich erinnere nur an das letzte Jahr, im Jahr 2012, da hat das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie
und Gesundheit plötzlich einen Gesetzentwurf aus der Mottenkiste gezaubert, den Frau Lieberknecht bereits während ihrer Tätigkeit als Sozial- und Gesundheitsministerin in dieser Form wieder in der Schublade verschwinden ließ, unkommentiert stehen - in ungeänderter Fassung mit teilweise überholten Fachtermini und sogar falschen Gremienbezeichnungen. Die entsprechend entsetzten Reaktionen der Akteure ließen aus unserer Sicht natürlich nicht lange auf sich warten. Nun, ein Jahr später, könnte man ja der Meinung sein, dass wir jetzt ein Gesetz vorliegen haben, welches handwerklich besser gemacht ist. Sagen wir mal so, es ist wirklich ein cleverer Gesetzentwurf, Herr Staatssekretär, clever jedenfalls dann, wenn man scheinbar eine offene Auseinandersetzung und Diskussion über zentrale Fragen vermeiden will und das Parlament nicht für würdig oder vielleicht nicht für fähig hält, über genau das zu befinden. Denn der eigentliche Knackpunkt des Gesetzes, nämlich die von Ihnen mehrfach genannten Struktur- und Qualitätskriterien, stehen nämlich überhaupt nicht im Gesetz drin. Die haben Sie einfach gegenüber den Vorgängerentwürfen rausgenommen und wollen dies zukünftig über Rechtsverordnungen regeln. Zum Ersten soll vorbei am Gesetzgeber die entscheidende Zukunftsfrage für die Thüringer Krankenhauslandschaft durch Rechtsverordnungen direkt aus dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit geregelt werden. Das Schöne daran ist, der zuständige Ausschuss des Landtags wird darüber noch nicht mal ins Benehmen gesetzt. Vielleicht ist das ja so ähnlich wie beim Thüringer Ladenöffnungsgesetz, aber vielleicht auch nicht, vielleicht wird es ja noch schlimmer. Also ist es wirklich Ihr Ernst, dass wir uns heute über einen Gesetzentwurf hier unterhalten wollen, in dem aus meiner Sicht nichts drinsteht. Es steht nichts drin. Sie nennen Qualitätskriterien, Sie sagen nicht welche,
Sie lassen es so allgemein, aber wenn wir schon ehrlicherweise darüber reden, dann sollten wir hier auch sagen, dass es bundeseinheitliche Qualitätskriterien gibt, die für alle Krankenhäuser, auch die in Thüringen, gelten. Und wenn Sie meinen, das ist nicht genug, dann nennen Sie das, was Sie mehr machen wollen, und lassen Sie uns nicht im Dunkeln und regeln Sie nicht oder versuchen Sie nicht, alles über Rechtsverordnungen zu regeln, denn das ist ein Weg, der ist parlamentsunwürdig. Denn wenn Sie den Gesetzgeber im Parlament nicht brauchen, dann sagen Sie es, aber machen Sie es nicht so. Aber vielleicht noch mal ein paar Einzelheiten aus dem Gesetz: Aus unserer Sicht sind die Struktur- und Qualitätskriterien im Krankenhausbereich bereits ausreichend - ich führte es schon mal kurz an - über den Gemeinsamen Bundesausschuss – Kurzbezeichnung G-BA - bundesweit für alle deutschen Krankenhäuser definiert. Insbesondere die Festlegung von personeller Mindestbesetzung und Mindestvorgaben in einzelnen Leistungsbereichen sind sehr fraglich, denn die bereits durchgeklagte Rechtsprechung gibt hier lediglich den Facharztbestand vor. Sollte nun zukünftig für einzelne Leistungsbereiche eine Mindestanzahl für Fachärzte durch das Ministerium festgelegt werden, werden überdies viele und vor allen Dingen kleine Fachabteilungen in ihrer Existenz gefährdet werden und die Häuser in wirtschaftliche Schieflage geraten. Ich bin gespannt, wie Sie die Versorgung der Bevölkerung dann noch wohnortnah gewährleisten wollen. Ich glaube auch nicht - weil ich an das Gute im Menschen glaube -, dass das das Ansinnen des TMSFG ist. Dass sich die Kostenträger darüber
freuen würden, das kann ich ja zur Not noch verstehen. Und für mich trägt dieser hier vorliegende Entwurf, das will ich auch in aller Deutlichkeit sagen, die starke Handschrift der Kassen. Wer sich ein wenig mit den Vorgängen im G-BA auskennt, weiß, dass gerade die Kassenseite seit Jahren versucht, über die massive Ausweitung von Qualitätsanforderungen Leistungen im GKV-Bereich zu begrenzen. Mehr Qualität, Herr Staatssekretär, klingt im ersten Moment gut, aber ist in der Realität nichts anderes als eine clevere Kostenbremse für die Krankenkassen. Wer einmal Gast gewesen ist und die Diskussionen zwischen Kassen, Deutscher Krankenhausgesellschaft, Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Bundesärztekammer verfolgt hat, und zwar für den ambulanten und den stationären Bereich gleichermaßen, weiß, wovon ich rede. Wir halten § 4 Abs. 2 also nicht nur für überflüssig, sondern auch für die wohnortnahe, flächendeckende Versorgung der Bevölkerung in Thüringen für gefährlich. Die Thüringer Krankenhäuser - das will ich hier auch noch mal an dieser Stelle ganz deutlich sagen - leisten eine sehr gute Arbeit. Und dass der G-BA auf Bundesebene einheitliche Kriterien für die deutschen Krankenhäuser festgelegt hat, scheint - das kann nur das Ergebnis Ihres Gesetzentwurfs sein - aus unserer Sicht entweder nicht bekannt zu sein oder Sie ignorieren es beharrlich. Weitergehende Vorgaben sind im Übrigen bereits höchstrichterlich gescheitert. Darauf sind Sie nicht eingegangen. Wenn wir uns zum Beispiel die Festlegung des G-BA zu Mindestmengen in der Neonatologie ansehen, wissen wir, dass dem Versuch bereits höchstrichterlich ein Riegel vorgeschoben wurde - auch ein Ansinnen, was damals von den Kassen kam. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach § 9 Abs. 3 sollen nunmehr
zusätzliche Erlöse aus der förderrechtlich unbeachtlichen Mitbenutzung in einem angemessenen Anteil abgeführt werden. Was heißt das? Mit dieser Regelung fände ein doppelter Abzug statt, einmal über § 120 SGB V und dann über die angesprochene Regelung im Thüringer Krankenhausgesetz. Wenn wir den ambulanten Bereich als Vergleichsmaßstab hernehmen, dann fällt auf, dass auch in der Vergütung der niedergelassenen Vertragsärzte ein Investitionskostenanteil enthalten ist. Hier darf es aus unserer Sicht keine Benachteiligung des Vertragsarztes gegenüber dem rein ambulant Tätigen geben. Summa summarum, wir Liberale halten das Thüringer Krankenhausgesetz in seiner jetzt hier vorliegenden Fassung nicht für geeignet, für eine echte und zukunftsfeste Krankenhausplanung
in Thüringen Sorge zu tragen. Im Gegenteil, damit werden die Häuser - Frau Taubert,
schön, dass Sie da sind, herzlich willkommen – in der Fläche aus unserer Sicht finanziell ausgetrocknet und am Ende überlebt der Standort, der die meisten Rücklagen hat, und nicht der, der am besten geeignet ist, die Bevölkerung wohnortnah zu versorgen. Vielen Dank.

12.09.2013 3134