Thüringens Sozialministerin Heike Taubert (SPD) stößt mit ihrer Idee, das Landeserziehungsgeld durch eine Familienpauschale abzulösen, nicht überall auf Begeisterung. FDP und Linkspartei lehnen beispielsweise das Vorhaben wenn auch aus unterschiedlichen Gründen ab.

Erfurt. Für den FDP-Sozialpolitiker Marian Koppe ist die Familienpauschale "nichts weiter als ein Erziehungsgeld durch die Hintertür". Er kritisiert die Sozialdemokraten: "In der Opposition hat sie das Landeserziehungsgeld kritisiert, in der Regierung aber nicht gehandelt", erinnert Koppe an vergangene Plenardebatten. Nun versuche sie sich mit einer Zwischenlösung aus der Affäre zu ziehen. Sie sei gut beraten, sich an ihrem Parteichef und Vizeministerpräsidenten zu orientieren: "Matschie hat deutlich gemacht, wo er das einzusparende Landeserziehungsgeld am besten aufgehoben sieht: direkt bei den Kommunen im Ausbau der Kita-Plätze." Matschie greife damit die Forderung der Thüringer Liberalen auf.

An die Adresse der Grünen sagt Koppe, die Mühe einen eigenen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Landeserziehungsgeldes zu schreiben, müssten sie nicht auf sich nehmen: "Wir haben einen entsprechenden Gesetzentwurf jeweils zu den Haushaltsberatungen 2010 und 2011 eingebracht. In den Haushaltsberatungen 2012 haben wir unsere Forderung erneuert. Allerdings haben weder die Grünen, noch die Sozialdemokraten diesem zugestimmt, obwohl sie ihn in der Debatte nicht kritisiert haben", sagt Koppe weiter. "Jetzt wie Kai aus der Kiste zu springen, ist unredlich", so Koppe.

Hintergrund der FDP-Kritik: Grünen-Fraktionschefin Anja Siegesmund hatte die SPD aufgefordert, für den Fall der Einführung des Betreuungsgeldes auf Bundesebene einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Thüringer Erziehungsgeldes einzubringen: "Wir lassen da der SPD den Vortritt, aber spätestens zu den Haushaltsberatungen werden wir selbst unser Gesetz erneut einbringen und dann heißt es für die SPD, Farbe bekennen", sagt Siegesmund.

Heftige Kritik an dem SPD-Vorschlag kommt auch von der Linkspartei. Das Ganze geschehe nach dem Motto: "Wasch mich, aber mach mich nicht nass!", so Matthias Bärwolff , der sozialpolitische Sprecher der Linkspartei.

"Stark machen für Grundsicherung"

"Wir brauchen ein klares Bekenntnis gegen das Landeserziehungsgeld. Es ist unsinnig, dass Familien, die Kindertagesstätten in Anspruch nehmen, teils hohe Kita-Gebühren zahlen müssen und diejenigen, die das nicht tun, eine Prämie dafür bekommen", fährt Bärwolff fort. Die 30 Millionen Euro des Landeserziehungsgeldes wären in gut ausgebauten Kindertagesstätten sinnvoller aufgehoben. "Wir haben beispielsweise in Erfurt immer noch einen großen Bedarf beim Ausbau der Kindertagesstätten, auch sind noch längst nicht alle Kitas in einem guten baulichen Zustand, als das man dieses Geld einfach für ein solches Ablenkungsmanöver ausgeben sollte."

Die Förderung von Familien und eine kinderfreundliche Gesellschaft erreiche man nicht, indem man den Familien immer mehr Geld direkt zahlt, sagt Bärwolff. "Wir brauchen eine gute soziale Infrastruktur in der gesamten Kinder- und Jugendhilfe." Auch familienfreundliche Arbeitszeiten wären hilfreicher als eine Familienpauschale. Bärwolff fordert Thüringens Sozialministerin auf, sich für eine Kindergrundsicherung stark zu machen. "Wenn Frau Taubert mutig wäre, würde sie die familienpolitische Debatte in diese Richtung lenken."

08.06.2012 TLZ - Thüringische Landeszeitung