Thüringer Gesetz zur Entwicklung sektorenübergreifender Versorgungsstrukturen

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Durch den Beschluss des Landtags vom 19. Oktober 2012 ist der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen worden. Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit hat den Gesetzentwurf in seiner 38. Sitzung am 15. November 2012, in seiner 39. Sitzung am 6. Dezember 2012, in seiner 41. Sitzung am 7. Februar 2013 und in seiner 42. Sitzung am 14. März beraten sowie in der 41. Sitzung am 7. Februar ein mündliches
Anhörungsverfahren in öffentlicher Sitzung durchgeführt. Die Beschlussempfehlung, die mehrheitlich im Ausschuss zustande kam, wird mit folgenden Änderungen dem ursprünglichen Gesetzentwurf zugefügt (siehe Beschlussempfehlung Drucksache 5/5858): § 2 wird wie folgt geändert:

a) „In Absatz 1 Satz 1 wird das Wort ‚ärztlichen’ durch das Wort ‚sektorübergreifenden’ ersetzt.“

b) „In Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 werden die Worte ‚die von den Landesausschüssen zu treffenden Entscheidungen’ durch die Worte ‚die Entscheidungen der Landesausschüsse’ ersetzt.

c) „In Absatz 3 Satz 1 wird nach dem Wort ‚zu’ das Wort ‚grundsätzlich’ eingefügt.“
In § 3 wird im Wesentlichen die Zusammensetzung des Landesgremiums geregelt, nämlich mit zwei zusätzlichen ständigen Mitgliedern, zum einen dem Thüringischen Landkreistag mit einer Stimme und zum Zweiten dem Verband der leitenden Krankenhausärzte Deutschlands e.V. Landesverband Thüringen ebenfalls mit einer Stimme.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe fachkundigen Gäste auf der Besuchertribüne, gut eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Versorgungsstrukturgesetzes des Bundes - nämlich am 01.01.2012 - schickt sich Thüringen im Übrigen als eines der letzten Bundesländer nunmehr an, sich die lange durch die Länder geforderten mehr Mitspracherechte oder Einflussmöglichkeiten im Gesundheitswesen zunutze zu machen. Wir haben heute über den vorliegenden Gesetzentwurf nach § 90 a SGB V und über die Frage, ob und wie im Freistaat das neue gemeinsame Landesgremium zu sektorenübergreifenden Versorgungsstrukturen auszugestalten und zu nutzen ist, zu entscheiden. Zunächst erst einmal ist es gut, dass sich Thüringen überhaupt dem Thema widmet, ein solches Landesgremium zu schaffen. Es soll als kreativer Motor neue Impulse in die Versorgungslandschaft geben. Dies scheint mir aktuell nach den neuen Vorgaben des GBA wichtig, nämlich eine genauere Bedarfsplanung zu ermöglichen. Somit zeigt sich, dass die bisherigen starren Strukturen aus den Zeiten Ulla Schmidts sehr wohl frischen Wind gebrauchen konnten. Wir Thüringer Liberale sind gemeinsam mit Bundesgesundheitsminister Bahr der Auffassung, dass hier mehr Wettbewerb, vor allem der Wettbewerb neuer Ideen, Frau Siegesmund, hilfreich sein kann. Es freut uns, dass im Grunde alle Fraktionen im Hause dies ähnlich sehen. Aber es ist wie so oft, gut gedacht ist nicht immer gleich gut gemacht. Dies hatten wir bereits auch in der ersten Beratung hier im Plenum deutlich gemacht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde es gut, dass die Kollegen aller Fraktionen unseren Antrag im Ausschuss zur mündlichen Anhörung der betroffenen Akteure von Beginn an unterstützt haben. Ich denke, dass dies im Nachhinein der richtige Weg war, dass man gerade denjenigen eine Stimme geben sollte, die dieses Landesgremium am Ende mit Leben erfüllen sollen. Die Anhörung selbst hat dann auch so einiges zutage befördert, nicht nur was die Beteiligung weiterer Akteure betrifft, sondern sie hat explizit unsere Kritik verstärkt, dass die Krankenkassen im Entwurf bisher eine Sperrminorität hatten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin nicht der Meinung, dass die Krankenkassen lediglich die Kosten im Blick haben. Dafür habe ich zu oft in Gesprächen schon ganz gegenteilige Erfahrungen machen können. Ich denke, die Krankenkassen in Thüringen haben sich zu Recht den Ruf erworben, die bestmögliche finanzierbare Betreuung der Patienten im Blick zu haben. Auch da können Sie sehen, was die neuen Wettbewerbselemente aus dem GKV-Finanzierungsgesetz gebracht haben. Die Kassen müssen sich jetzt anstrengen, wollen Sie den Wechsel der eigenen Versicherten zu Konkurrenzkassen vermeiden bzw. wollen Sie neue Kunden gewinnen. Auch dies ist aus unserer Sicht ein wohltuender Unterschied zur Ära Schmidt, als man sich allein auf einem morbiditätsbedingten Risikostrukturausgleich ausruhen konnte. Aber dieser positive Befund darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass den Kostenträgern ein Vetorecht gegenüber den Leistungserbringern eingeräumt werden darf. Dies haben Sie, die Kollegen von CDU und SPD, durch die Hinzunahme des Thüringer Landkreistages und den Verband der Leitenden Krankenhausärzte sowie der damit neuen Stimmverteilung vermieden. Als FDP-Fraktion hätten wir uns da noch mutigere Schritte gewünscht, aber zum Schluss, denke ich, kann man sich auf diesen Kompromiss einigen. Auch die jetzige Klarstellung in § 2, dass vor allen Dingen die sektorübergreifende Versorgung im Blick des Landesgremiums steht und nicht lediglich die ärztliche ambulante Versorgung, findet hier unsere Zustimmung. Grundsätzliche Probleme sehen wir aber allerdings noch in § 6, in welchem die Beschlüsse des Gremiums geregelt werden sollen. Ich darf Ihnen die aktuelle Formulierung noch einmal vortragen. Hier heißt es, Frau Präsidentin: „Die Beschlüsse des Gemeinsamen Landesgremiums nach § 2 werden mit einer Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen der ständigen beschließenden Mitglieder getroffen. Andere Beschlüsse sind einstimmig zu treffen.“ Da fragt man sich natürlich, das habe ich auch schon mehrmals getan, welche anderen Beschlüsse als jene in § 2 denn hier gemeint sind? Die Vermutung liegt zumindest nahe, dass sich die Landesregierung hier vielleicht ein Türchen offenhalten möchte, um zukünftig weitergehende Entscheidungen als die in § 90 a SGB V sen - sozusagen eine eventuelle Kompetenzerweiterung durch die Hintertür. Aber auf unsere Nachfrage im Ausschuss antwortete ja die Landesregierung in Person von Staatssekretär Schubert, dass lediglich Satz 2 Beschlüsse zur Arbeitsweise des Landesgremiums umfassen soll, also beispielsweise Geschäftsführung oder Ähnliches. Daher haben wir hier in unserem vorliegenden Änderungsantrag nunmehr formuliert, was die Landesregierung nach ihrer Aussage gemeint hat. In diesem Sinne hoffen wir zur Klarstellung auch auf die Annahme unseres Änderungsantrags in Punkt 4 und eine entsprechende rechtliche Klarstellung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bauchschmerzen haben wir aber auch mit dem § 8, und zwar der Kostentragung. Wir Liberale unterstützen sicher alle Bemühungen des Landes, um Kosten zu sparen, aber das Landesgremium ist kein Teil der gemeinsamen Selbstverwaltung. Sie schreiben es sogar in den § 1 des Gesetzes hinein. Dort heißt es nämlich, ich zitiere: „Bei dem für die Gesundheit zuständigen Ministerium wird ein Gemeinsames Landesgremium nach § 90 a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch... errichtet.“ In der Begründung können wir dann weiter lesen, ich zitiere: „Im Rahmen der Daseinsvorsorge ist die Sicherstellung einer flächendeckenden, bedarfsgerechten medizinischen Versorgung der Bevölkerung im Land ein zentrales gesundheitliches Anliegen.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, was anderes lässt denn diese Rechtsetzung zu, als dass es sich beim Landesgremium nach § 90 a SGB V um keine Institution der gemeinsamen Selbstverwaltung handelt. Das Landesgremium wird laut § 1 bei der für Gesundheit zuständigen obersten Landesbehörde errichtet, nämlich beim Ministerium, und wird damit zu einer Institution der unmittelbaren Staatsverwaltung, die das Land bei der Aufgabe der Daseinsvorsorge unterstützt. Eine gesetzlich verankerte Mitfinanzierung der Geschäftsstelle durch die Selbstverwaltungskörperschaften ist damit aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt. Da allerdings niemand etwas gegen eine freiwillige Beteiligung der Akteure haben kann, haben wir ihn in unseren Punkt 5 des Änderungsantrags hineingeschrieben und hoffen auch in dem Punkt auf Ihre Unterstützung. Im Übrigen - und das vielleicht noch einmal als Beispiel angeführt - gibt es ja bereits im Freistaat ein Gremium, ein ähnliches Gremium, bei dem ebenfalls die Akteure nicht an den Sach- und Personalkosten beteiligt werden. Es handelt sich - zur Erinnerung noch einmal - um den Landeskrankenhausplanungsausschuss, dessen Geschäftsstelle ja auch beim für Gesundheit zuständigen Ministerium angesiedelt ist. Daher sollte auch hier bei diesem Gesetz von der gängigen Praxis nicht abgewichen werden. Vielen Dank.

10.06.2013 2933