Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IV (SGB II) Regelsätzen für Thüringen - Einführung einer Kindergrundsicherung

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, gleiche Chancen für jeden. Das bedeutet für uns, insbesondere gleiche Chancen für jedes unserer Kinder und das von Geburt an. Sowohl als Abgeordneter als auch als Vater will ich unseren Kindern ein würdiges Leben, Aufwachsen und Entwickeln ermöglichen. Unsere gemeinsamen Anstrengungen müssen darauf abzielen, dass wir allen Kindern, wirklich allen Kindern, völlig unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, gleichen Zugang zu Bildung und Erziehung verschaffen. Wir dürfen sie auf diesem Weg nicht allein lassen, sondern müssen sie an die Hand nehmen. Das gilt im besonderem Maß für Kinder, deren Eltern über ein geringes Einkommen verfügen oder deren Eltern Leistungen nach dem SGB II empfangen. Wir dürfen nicht zulassen, dass eines unserer Kinder auf der Wegstrecke bleibt. Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE nimmt das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Anlass, die Thüringer Landesregierung aufzufordern, sich im Bundesrat für eine bedarfsgerechte Kindergrundsicherung einzusetzen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein ehrenwerter Vorstoß, regt er doch eine Diskussion an, mit welchen Leistungen wir in Zukunft unseren Nachwuchs finanziell absichern wollen, absichern können und absichern werden. Aber wie bei vielen Vorhaben, so kommt es auch hier auf die Details an. Wenn wir der Maxime einer frühestmöglichen Chancengerechtigkeit für alle Kinder nachkommen wollen, wenn wir die Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen wollen, ohne einen Unterschied zu machen, ob ihre Eltern Leistungen aus dem SGB II erhalten oder ob sie selbst für das Einkommen der Familie sorgen müssen, dann muss von vornherein der Eindruck einer Zweiklassengesellschaft vermieden werden. Es darf kein Kind erster Ordnung und kein Kind zweiter Ordnung geben. Zurzeit erhalten Kinder, deren Eltern Leistungen auf der Basis des SGB II erhalten, nach Altersklassen abgestuft 215 bis 285 € pro Monat. Berufstätige Eltern erhalten pro Kind altersunabhängig 184 €, ab dem dritten Kind 190 € und ab dem vierten Kind 215 €. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass gerade Familien, deren berufstätige Eltern, die trotz ihrer Erwerbstätigkeit mit ihrem Einkommen knapp oberhalb des Existenzminimums leben, besonders betroffen sind. Sie haben keinen Anspruch auf SGB II. Das ist aus Sicht der FDP-Fraktion weder leistungsgerecht den Eltern gegenüber noch chancengerecht gegenüber den Kindern. Um es einmal zugespitzt zu formulieren: Die Kinder werden für die Berufstätigkeit ihrer Eltern bestraft. Wenn wir im Zuge der verfassungsmäßigen Ausgestaltung der Hartz-IV-Regelsätze über die Einführung einer Kindergrundsicherung nachdenken, dann sollten wir darauf achten, dass jedes Kind gleichwertig abgesichert ist und keine Unterschiede aufgrund einer gegebenen oder nicht gegebenen Leistungsbefähigung im Sinne des SGB II machen. Darüber hinaus plädiert die FDP-Fraktion dafür, statt einer geldwerten Grundsicherungsleistung für Kinder zweckgebundener als bisher zu fördern. Wir wollen die Bildung und Erziehung unserer Kinder direkt und unmittelbar fördern. Unser Vorschlag ist es daher, den Eltern Bildungs- und Betreuungsgutscheine an die Hand zu geben. Die Eltern können damit direkt das für ihr Kind geeignete Bildungs- und Erziehungsangebot auswählen und es per Gutschein fördern. Das ist kindergerecht und das ist fair; denn es gilt für alle Kinder. Frau Leukefeld, gestatten Sie mir noch einen Satz zu Ihrer immer wiederkehrenden Polemik: Herr Westerwelle, Hartz IV. Ein kleiner Spruch, vielleicht haben Sie es heute auch in der Zeitung gelesen, er hat nicht die Arbeitslosen angegriffen, sondern hat Politiker angegriffen, die leistungslosen Wohlstand versprechen. Vielen Dank.

30.03.2010 3246