Nach der Entscheidung von Landrat Hartmut Holzhey, sein Amt aufzugeben und im Mai auf Listenplatz 1 für die CDU für den Kreistag zu kandidieren, gehen die Reaktionen weit auseinander.

Saalfeld-Rudolstadt. Nach der Entscheidung von Landrat Hartmut Holzhey (parteilos) für die Kandidatur auf Listenplatz 1 der CDU für den Kreistag und damit gegen sein derzeitiges Wahlamt gehen die Wertungen dieses Schritts in der Lokalpolitik auseinander.

Saalfelds Bürgermeister Matthias Graul (parteilos) bedauert Holzheys Vorgehen, weil er es "bedenklich" im Blick auf die um sich greifende Politikverdrossenheit der Menschen findet. "Er wurde von einer Mehrheit für sechs Jahre als Landrat gewählt, und diese Mehrheit darf erwarten, dass er in dieser Zeit den Landkreis vorwärts bringt", sagte Graul auf Nachfrage dieser Zeitung. Er könne nun die Enttäuschung dieser Wähler verstehen.

Sein Rudolstädter Amtskollege Jörg Reichl (BfR), der für die Fraktion BI im Kreistag sitzt, akzeptiert Holzheys Entscheidung, gibt aber zu Bedenken: "Wenn es ein Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen ist oder er im Amt keine Erfüllung mehr findet, dann hätte er das auch ehrlich sagen können", so Reichl. Er wünscht sich nun, dass bis zu einer Neuwahl "keine Entscheidungen mehr getroffen werden, die der dann neu gewählte Kreistag oder der künftige Landrat beziehungsweise die künftige Landrätin nicht mit tragen könnten".

Der Kreisvorsitzende der Linken, Karsten Treffurth, machte deutlich, dass er die Entscheidung von Hartmut Holzhey mit Respekt zur Kenntnis genommen habe. Das Problem der Scheinkandidatur sei auch in seiner Partei sehr wohl bekannt. Es wäre an der Zeit, wie von der Landtagsfraktion der Linken mehrmals vorgeschlagen, endlich eine klare gesetzliche Regelung gegen diese Scheinkandidatur zu schaffen. "Ich wünsche mir, dass Hartmut Holzhey ein Zeichen gesetzt hat, damit sich mehr Menschen im Landkreis politisch engagieren", sagte Treffurth.

Der FDP-Kreisvorsitzende Marian Koppe hält Holzheys Schritt für falsch. "Viele Menschen hatten Hoffnungen in Holzhey gesetzt, sie sind jetzt enttäuscht", sagte er. Ein Mann der Wirtschaft in der Verwaltung, das "war ein Pilot-Projekt, das jetzt vom Tisch ist". Es wäre, so Koppe, "die Chance gewesen zu zeigen, dass Politik auch anders geht. Das ist gescheitert".

SPD macht keine Blockadepolitik

Die Vorwürfe des Landrates gegenüber der SPD weist der Kreisvorsitzender Marko Wolfram aufs entschiedenste zurück. "Die SPD hat in den letzten Jahren stets aktiv und konstruktiv an der Entwicklung des Landkreises mitgearbeitet. Auch nach der verlorenen Landratswahl 2012 gab es nie eine Blockadepolitik - was insbesondere die Beschlüsse zum Haushalt zeigen. Am guten baulichen Zustand fast aller Schulen, dem Schuldenabbau und dem Umfang der sozialen und kulturellen Leistungen im Landkreis kann jeder die Handschrift der SPD erkennen", heißt es in einer Mitteilung. Dass er als Kreisvorsitzender sein Team und das Programm seiner Partei durch sein Engagement auf der Liste unterstütze, sei absolut legitim. "Ich zeige damit Gesicht für unsere politischen Ansichten. Die Wähler wissen dies einzuordnen", teilte er mit. Die angeführten gesundheitlichen Gründe für den angekündigten Rücktritt respektiere und bedaure er. Dass sich in der CDU niemand gegen die Kandidatur eines Landrates auf einer Kreistagsliste ausgesprochen hat, liege auf der Hand, da dies thüringenweit auch die Praxis der CDU ist. "Erstaunlich finde ich aber, dass kein namhaftes CDU Mitglied am Samstag aufgestanden ist, um Hartmut Holzhey von der Kandidatur abzuhalten und ihn damit als Landrat behalten zu können", so der SPD-Kreisvorsitzende.

Aus Sicht des Kreisverbandes von Bündnis 90/Die Grünen hat Holzhey mit seiner Kandidatur auf Platz 1 der CDU-Kreistagsliste endgültig seine politische Glaubwürdigkeit verloren. " Hartmut Holzhey hatte seinen Ruf als Don Quijote' bereits im ersten Amtsjahr eingebüßt. Der Zauber war dahin, weil die Wählerinnen und Wähler Ergebnisse sehen wollten. Diese blieb er ihnen allerdings schuldig. Die öffentliche Diskussion drehte sich im Wesentlichen um seine Person, nicht aber um inhaltliche Themen", so Kreissprecher Sebastian Heuchel. Mit seinem angekündigten Verzicht auf den Landratsposten verprellt er zudem die Wählerinnen und Wähler, die ihn für sechs Jahren in Verantwortung gewählt hatten. Die CDU nennt dieses Vorgehen "Geradlinigkeit und Ehrlichkeit gegenüber den Wählern". Bündnis 90/Die Grünen bedient sich in diesem Fall eines Wortes, das Hartmut Holzhey in anderem Zusammenhang selbst geprägt hat: "Wählerverarsche".
"Verantwortungsvolles Handeln sieht anders aus" meint der bündnisgrüne Stadtrats- und Kreistagskandidat Rainer Wernicke. "Das Landratsamt ist doch kein Kasperletheater. Ironischerweise ist es nun gerade die CDU, die dafür sorgt, dass Holzhey sein Amt als Landrat niederlegt. Im vergangenen Jahr hatte sie noch alles versucht, um die Entscheidung des Landesverwaltungsamtes rückgängig zu machen, damit er Landrat bleiben kann. Und ganz nebenbei brüskiert Holzhey mit seiner Kandidatur noch die von ihm mit begründete Wählervereinigung Bürger für den Landkreis ."

Rückendeckung von der Jungen Union
Rückendeckung bekommt der Landrat von der Jungen Union, die die Spitzenkandidatur von Hartmut Holzhey auf der CDU-Liste für die Kreistagswahl trotz des möglichen Rücktritts begrüßt. "Wir respektieren diese konsequente Entscheidung und begrüßen natürlich, dass Herr Holzhey die Wähler nicht hinters Licht führen möchte. Allerdings bleibt auch ein Wermutstropfen hängen, da der Landrat in den vergangenen zwei Jahren viele frische Impulse gesetzt hat", erklärt Martin Friedrich als stellvertretender Vorsitzender der Jungen Union. " Die gleiche Konsequenz erwarten wir von Marko Wolfram . Entweder er verzichtet auf seine Kandidatur auf der SPD-Liste, oder er kündigt ebenfalls seinen Verzicht auf das Hauptamt als Erster Beigeordneter an. Alles andere wäre der viel zitierte Betrug am Wähler", so Friedrich weiter.

18.03.2014 OTZ - Ostthüringer Zeitung