Erfurt. Thüringens mitgliederstärkste Krankenkasse fordert den Abbau von 2000 Krankenhausbetten binnen zehn Jahren. Fachabteilungen, die eine untergeordnete Rolle in der notfallmedizinischen Versorgung spielen, sollen an wenigen Standorten konzentriert werden.

"Orthopädische Abteilungen müssen nicht in jeder Kreisstadt vorgehalten werden", sagt der Vorstands-Chef der AOK-plus, Rolf Steinbronn. "Operationen an der Hüfte werden oft lange im Voraus geplant."

Derzeit leistet sich Thüringen rund 73 Betten je 10.000 Einwohner. Das ist deutlich mehr als der Bundesdurchschnitt von 62 Betten. Zugleich werden in den kommenden Jahren die Landesmittel für Bau, Sanierung und Ausstattung von Krankenhäusern sinken.

Die Krankenhaus-Planungen sollten sich auf die Standorte konzentrieren, in denen für die betreffende Fachrichtung auch jeweils die qualitativ beste Behandlung angeboten werde, fordert der AOK-Chef. Messbar wäre dies über die Kontrolle von Entlassungsberichten, Personalplänen und die Auswertung von ärztlichen Kunstfehlern.

Steinbronn: Zahl der OP nahm auffallend zu

Hintergrund der Forderung ist die Neufassung des Thüringer Krankenhausgesetzes, das in der kommenden Woche im Landtag erstmals beraten wird. Darin wird die Möglichkeit zur Einführung von zusätzlichen Qualitätskriterien in der Krankenhausversorgung festgeschrieben.

Steinbronn ist das nicht genug. "Kann-Bestimmungen reichen nicht aus. Es sollten verbindliche Standards festgesetzt werden", erklärt er. Die Einführung der Fallpauschalen, wonach es für die stationäre Behandlung jeder Krankheit einen einheitlichen Vergütungssatz gebe, habe zu "merkwürdigen Entwicklungen" in der Krankenhausversorgung geführt. Stellenweise stehe nicht mehr der medizinische Bedarf einer Region im Vordergrund, sondern die Frage, wie Kliniken ihre Kapazitäten auslasten könnten. Steinbronn: "So hat sich die Zahl der Operationen an der Wirbelsäule seit 2005 mehr als verdoppelt." Krankenhäuser mit weit unterdurchschnittlichen Leistungen bei der Behandlung einzelner Krankheiten sollten im Krankenhausplan nicht mehr berücksichtigt werden. Umgekehrt wäre die AOK bereit, gute Qualität höher zu vergüten.

Der Präsident der Thüringer Ärztekammer, Dr. Matthias Wesser, spricht sich gegen Qualitätsmessungen allein anhand ärztlicher Leistungen aus. Würden kleinere Fachabteilungen geschlossen, drohe die Abwanderung von Fachärzten. Auch die Vertreter der Krankenhausverbände erteilen dem Bettenabbau eine Absage.

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion fordert, ganz auf neue Qualitätsstandards im Gesetz zu verzichten. Marian Koppe sagt: "Die Bundesvorgaben sind ausreichend." Zusätzliche Qualitätskriterien würden lediglich die Bürokratie für die Kliniken erhöhen.


06.09.2013 TA - Thüringer Allgemeine Zeitung