Gesundheitspolitik

Erfurt. Karola Stange kann die Ignoranz der politisch Verantwortlichen nicht nachvollziehen. Wir werden das Problem der zu geringen Vergütung der Hebammen noch einmal im Landtag thematisieren, kündigt die Abgeordnete im TLZ-Gespräch an. Sie fordert, dass sich die Landesregierung über eine Bundesratsinitiative für die Geburtshelferinnen einsetzen soll. Bislang gibt es von der zuständigen Ministerin Heike Taubert (SPD) indes nicht viel mehr als wohlwollende Worte.

Um auf ihre prekäre Situation aufmerksam zu machen, haben Hebammen aus ganz Thüringen in Erfurt auf dem Anger mit einer Mahnwache für eine bessere Bezahlung protestiert. Hebammen in Not heißt es auf Bannern und in Anspielung auf grausame Zeiten des Mittelalters: Früher verbrannt, heute verbannt. Plakate warnen vor der Entwicklung zur Hebarmen und eine leere Kinderwiege mahnt vor dem Untergang des Berufsstandes. Dieser sei akut in Not, sagt die Vorsitzende des Hebammenlandesverbandes, Elke Pirrhs. Zu den ohnehin schlechten Arbeitsbedingungen der Hebammen sei auch noch eine Erhöhung der Haftpflichtversicherung gekommen.

Arbeitsbedingungen verbessern Angebote wie die Wahlfreiheit des Geburtsorts oder flächendeckende Wochenbettbesuche könnten laut Pirrhs nicht mehr aufrechterhalten werden. Schwangere Frauen bräuchten die hundertprozentige Aufmerksamkeit ihrer Hebammen, betont Pirrhs. Durch die gesetzlichen Bestimmungen könnte dies jedoch nicht mehr gewährleistet werden. Sie fordert die Politik auf, die Arbeitsbedingungen der Hebammen zu verbessern. Für eine entsprechende Petition hätten sich in der Bevölkerung knapp 190000 Unterstützer gefunden.

Einen Antrag mit so vielen Unterschriften habe es noch nie gegeben, sagte die Vorsitzende des Petitionsausschusses des Bundestags, Kersten Steinke (Linke). Die Bundesregierung müsse diese Weisung Ernst nehmen.

Unterstützung finden die Hebammen außer bei der Linke- und Grünen-Fraktion auch in den Reihen der Liberalen. Der Gesundheitsexperte der FDP-Landtagsfraktion, Marian Koppe, sagte: Eine solch hohe finanzielle Belastung ist für die Betroffenen kaum zu stemmen. Eine plötzliche Erhöhung der Haftpflichtprämie auf bis zu 3700 Euro jährlich sei das genaue Gegenteil von Planungssicherheit. In einem Gespräch zwischen Hebammen und FDP-Fraktionären sollen nun konkrete Problempunkte erörtert und nach gemeinsamen Lösungen gesucht werde, kündigte Koppe an.

Die Mahnwache in Erfurt war Teil einer bundesweiten Protestreihe der Hebammen.


27.08.2010 TLZ - Thüringische Landeszeitung