Sozialpolitik
FDP-Sozialpolitiker, Marian Koppe
FDP-Sozialpolitiker, Marian Koppe

Sie war von Anfang an umstritten, die Stiftung Familiensinn, die der Familienoffensive der Althaus-Regierung entsprungen ist. Nun gibt es neuen Ärger.

Erfurt - Grünen-Fraktionschefin Anja Siegesmund befürchtet schon das Schlimmste. "Wer solche Geheimniskrämerei betreibt, vertuscht mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas", sagt sie. Die Stiftung Familiensinn sei eine öffentlich-rechtliche Stiftung, da müsse auch bekannt sein, was mit dem Geld passiert. Schließlich hatte das Land die 2008 gegründete Stiftung mit 34 Millionen Euro Kapital ausgestattet.

Und damit müsse deren Arbeit auch vom Landtag kontrolliert werden. Aber das Bemühen, einen Wirtschaftsprüfungsbericht der Stiftung zu Gesicht zu bekommen, wurde bisher zur unendlichen Geschichte.

Begonnen hatte sie im März im Sozialausschuss des Landtages. Die CD, die Stiftungs-Kurator Stephan Illert in der Ausschusssitzung präsentierte, erinnerte Siegesmund eher an selbst gebrannte CDs. Der Inhalt habe im Wesentlichen dem der Internetseiten der Stiftung entsprochen. Darüber hinaus habe man nichts erfahren.

Was Siegesmund dort las, bestärkte sie in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der Stiftung. Es seien Dinge vorgestellt worden, die andere Stiftungen bereits betreiben. Das belege nur, dass die Stiftung eigentlich überflüssig sei.

Grüne sind sauer

Im April und im Mai erneute Siegesmund daher die Frage nach einem Wirtschaftsprüfungsbericht. Erfolglos. Erst Anfang Juni hieß es, er liege vor. Zu Gesicht hat ihn Siegesmund aber bis heute nicht bekommen. Derweil ist die Grünen-Fraktionschefin richtig sauer. Es sei ein Posten für Ex-Staatssekretär Stephan Illert gesucht worden, lästert sie. Und das merke man der Arbeit der Stiftung auch an. Sie sei völlig untransparent und pflege ein völlig überholtes Familienbild, das der Vielfalt der Familienformen nicht gerecht werde.

Die Intransparenz dauerte bis gestern fort. Der letzte Stand, den Siegesmund am Nachmittag erfragte: Übernächste Woche wollten die Sozialausschussvorsitzende Beate Meißner und Landtagspräsidentin Birgit Diezel (beide CDU) sich darüber verständigen, wie mit dem Wirtschaftsprüfungsbericht verfahren werde. So hatten es nach Informationen unserer Zeitung auch andere gehört.

Zwei Stunden später war aber auch das schon Geschichte: Der Bitte unserer Zeitung an die CDU-Fraktion, die Sozialausschussvorsitzende möge zurückrufen, blieb unerhört. Stattdessen meldete sich Diezels Pressesprecher noch mal. Die Überraschung: Der Wirtschaftsprüfungsbericht der Stiftung Familiensinn werde ganz normal gehandhabt. Es gebe keine Abweichung vom üblichen Verfahren und brauche daher auch keine Absprache zwischen Diezel und Meißner.

Die Abgeordneten würden informiert, allerdings in Vertraulichkeit, weil Interessen der Stiftung und Dritter berührt seien. Die Vertraulichkeit habe das Sozialministerium gewünscht. Deshalb sei von der Landtagsverwaltung die Weitergabe an die Abgeordneten verzögert worden.

Illert selbst ist sich keiner Schuld bewusst und verweist darauf, dass solche Berichte immer vertraulich seien. Der Umgang mit dem Bericht selbst werde zwischen Sozialministerium und Landtag bestimmt und nicht durch ihn vorgegeben. Er habe erst im April davon erfahren, dass die Abgeordneten den Bericht wünschen und sich vom Stiftungsrat erst die Freigabe holen müssen.

Für Siegesmund ist das lange Warten auf die Einsichtnahme dagegen weit entfernt von einer ganz normalen Handhabung. Denn mit den Wirtschaftsprüfungsberichten der Stiftungen "Hand in Hand", die Schwangere in Not unterstützt, und der Ehrenamtsstiftung habe es im Unterschied zur Stiftung Familiensinn keinerlei Probleme gegeben, erinnert sie.

Keine Transparenz

So hat das auch der FDP-Sozialpolitiker Marian Koppe erlebt. Familiensinn-Kurator Illert habe dagegen die Herausgabe eines Rechenschaftsberichtes blockiert und kritische Fragen nicht beantwortet. Denn wie Siegesmund hatte auch Koppe mehrfach danach gefragt. Auch er sieht eine Doppelförderung und beklagt, es gebe keine finanzielle Transparenz.

Beide stehen der Stiftung Familiensinn kritisch gegenüber. Aber nicht, weil sie was gegen Stiftungen habe, erinnert Siegesmund und lobt ausdrücklich die gute Arbeit der Ehrenamtsstiftung und der Stiftung Hand in Hand. Jetzt will sie prüfen lassen, ob und wie man mit dem Kapital der Stiftung Familiensinn eventuell die Stiftung "Hand in Hand" stärken könne.

31.07.2010 Freies Wort