Gesundheitspolitik
Gesundheitspolitischer Sprecher Marian Koppe, MdL
Gesundheitspolitischer Sprecher Marian Koppe, MdL

Verpflichtung bereits vor Studienbeginn - Taubert: Unfinanzierbar

Von Fabian Wahl

Erfurt - Im Kampf gegen den zunehmenden Ärztemangel sollen nach dem Willen der FDP-Landtagsfraktion Hausärzte als Beamte auf Zeit eingestellt werden. Diese sollten dann bei Bedarf in medizinisch unterversorgten Gebieten eingesetzt werden, sagte FDP-Gesundheitsexperte Marian Koppe am Freitag in Erfurt. Den Plänen zufolge sollen angehende Medizinstudenten bereits nach dem Abitur bundesweit angeworben werden und mit Studienbeginn ein Beamtengehalt beziehen. Im Gegenzug müssen sie nach der Ausbildung für mindestens fünf Jahre im ländlichen Raum als Hausarzt arbeiten. Gesundheitsministerin Heike Taubert (SPD) bezeichnete den Vorstoß als untauglich. Die Grünen begrüßten die Idee grundsätzlich.

Für die Umsetzung soll laut FDP ein Landesärztedienst als Landesgremium geschaffen werden, der den Bedarf an neuen Ärzten festlegt und somit die medizinische Grundversorgung sicherstellt. Insgesamt verpflichteten sich die Teilnehmer für 15 Jahre beim Landesärztedienst, sagte Koppe. Die Zeit des Studiums und der Facharztausbildung soll angerechnet werden. «Momentan fehlen bereits 104 Hausärzte und 22 Fachärzte in Thüringen», sagte Koppe. Etwa 40 Prozent der Ärzte sei heute älter als 60 Jahre. «Die amtierende Landesregierung nimmt das Problem des Ärztemangels nicht ernst genug», sagte Koppe.
Mit bisherigen Modellen wie einem Stipendiensystem könne der Ärztebedarf nicht gedeckt werden. «Es müssen neue Wege gegangen werden», sagte Koppe.

Zugleich forderte Koppe vom Bund eine neue Form der Bedarfsplanung. Die bisherige Berechnung orientiere sich am Bevölkerungsstand von 1995. Deshalb könnten die tatsächlich benötigte Anzahl an Ärzten und die Kosten des FDPModells laut Koppe noch nicht beziffert werden. Taubert kritisierte, dass mit dem Konzept das Problem lediglich verschoben werde. Sie stellte in Frage, ob die Arztpraxen nach Ablauf der befristeten Anstellung auch weiterhin bestehen blieben.

Außerdem sei die ärztliche Versorgung im Freistaat Aufgabe der Selbstverwaltung der niedergelassenen Vertragsärzte. «Die FDP konterkariert mit ihrer fixen Idee die Freiberuflichkeit in der Ärzteschaft», sagte Taubert. Auch die Finanzierung sei nur unzureichend überdacht. Die durch die Verbeamtungen entstehenden Mehrausgaben seien vom Land «schlichtweg nicht zu leisten».
Die Forderung stehe «in krassem Widerspruch» zu den Sparappellen der FDP.

Die Grünen-Fraktion erkannte in dem Modell sogar einen «Strategiewechsel» der Liberalen. «Es ist ganz neu, dass sie den Staat in der Pflicht sehen, so weitgehende Aufgaben in der Ärzteversorgung zu übernehmen», sagte Grünen-
Fraktionsvorsitzende Anja Siegesmund. Die FDP-Pläne seien ein möglicher, aber bei weitem nicht ausreichender Baustein, um dem Ärztemangel auf dem Land zu begegnen.

Siegesmund forderte integrierte medizinische Versorgungszentren, die Ausbildung hochqualifizierter Gemeindeschwestern und eine Reform des Medizinstudiums.

02.07.2010 stz - Südthüringer Zeitung