Thüringer Gesetz zur Neuordnung der Rundfunkfinanzierung

Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da wir gerade bei der Höflichkeit sind, glaube ich auch, dass es die Höflichkeit gebietet, zunächst erst einmal das Gelungene hervorzuheben, bevor wir dann zu Punkten kommen, die aus unserer Sicht zu kritisieren sind. Deswegen will ich das auch so halten, obwohl ich jetzt schon einmal versprechen kann, dass das der kürzere Teil meiner Ausführungen sein wird. Was kann man also Positives über den hier vorgelegten
15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sagen? Er macht endlich Schluss mit der Schnüffelei durch die GEZ, das haben Sie auch schon angesprochen. Es widerspricht doch fundamental unseren Vorstellungen von einer freien Bürgergesellschaft, wenn die Privatsphäre auf diese Art und Weise durchleuchtet und dem Bürger mit absonderlichsten Methoden vor und in der eigenen Wohnung quasi aufgelauert wurde. Da ist es egal, ob es sich um staatliche, öffentlichrechtliche oder private Institutionen handelt. Insofern ist die Abkehr der gerätebezogenen Rundfunkgebühr richtig und wichtig, auch wenn wir bekanntermaßen ein anderes Modell, nämlich die personenbezogene Rundfunkmedienabgabe favorisiert hätten. Ein weiteres dringendes Problem ist mit dem vorliegenden
Entwurf einer Lösung nähergebracht, und zwar das Konvergenzproblem. Die bisherige gerätebezogene Rundfunkgebühr schien völlig aus der Zeit gefallen, denn wir haben alle unsere Handys, Smartphons, iPads - und was es da noch so alles gibt - und empfangen damit online die Tagesschau, hören MDR Info, lesen - ich hoffe, das ist keine Schleichwerbung - z.B. die Süddeutsche oder den Spiegel. Das heißt, wir haben die Medienkonvergenz. Da stellt sich nun wirklich die Frage: Was ist denn eigentlich ein Rundfunkgerät bzw. auf welches Gerät erhebe ich denn jetzt die Gebühr?

Eine gerätebezogene Gebühr scheint mir daher eher aus der Ära der Dinosaurier zu stammen. Gut, dass es damit bald vorbei ist. Aber, und jetzt komme ich schon zu dem anderen Teil, es hakt ja doch noch an allen Ecken und Enden. Denn es gab noch mehr Ziele neben der Lösung der GEZ-Beauftragten und der Konvergenzproblematik. Daneben sollten noch die Beitragsgerechtigkeit, Entbürokratisierung und Vereinfachung des Systems sowie eine Reduzierung des Umfangs der GEZ durchgesetzt werden, so das Ziel. Damit bin ich schon, wie gesagt, bei den Kritikpunkten, denn die wenigsten der eben genannten weiteren Ziele sind aus unserer Sicht erreicht worden, nehmen wir beispielsweise die Beitragsgerechtigkeit. Im Jahr 2010 verfügte der öffentlich-rechtliche Rundfunk über ein Beitragsvolumen von ca. 7,6 Mrd. €. Man kann, denke ich, mit Fug und Recht behaupten, dass der Deutsche Rundfunk damit finanziell weltweit am besten dasteht. Wir stellen jetzt die Beitragspflicht auf eine noch breitere Basis, erhöhen damit also noch einmal das Beitragsvolumen. Wir stellen aber nicht sicher – Frau Ministerin, da widerspreche ich Ihnen -, dass die Mehreinnahmen sofort und konsequent in eine sofortige Senkung der Beiträge für die Bürger fließen, solange die Gehälter von Intendanten und des Führungspersonals von 300.000 € und mehr die Regel sind, solange, wie zu jedem größeren Sportereignis die Sendeanstalten von ARD und ZDF jede mit einem riesigen eigenen Tross vor Ort sind und es niemandem in den Sinn kommt, auch dort Ressourcen zu bündeln, solange die Verwaltung über Gebühr groß ist. Ein weiterer Punkt der fehlenden Beitragsgerechtigkeit ist auch der Doppelcharakter der Beitragszahlung durch Unternehmen. Bei den unsinnigen Betriebsstättenabgaben zahlen die Unternehmer und Angestelltenschaft einmal als Privatperson und einmal als juristische Person. Aber ich weiß nicht, ob Sie wussten, juristische Personen, Gebäude, Maschinen und Pkw können gar kein Fernsehen schauen. Das können nur Menschen und die haben bekanntermaßen ihre Gebühr schon als Privatperson entrichtet. Gerade in Thüringen reden wir in jeder Plenarsitzung über das angeblich so niedrige Lohnniveau im Freistaat und beklagen uns über die geringe Eigenkapitalquote unserer KMU. Gleichzeitig bürden wir diesen, wo immer es sich anbietet, zusätzliche Kosten auf. Das eine fordern und das andere tun, das funktioniert in der normalen Welt nun einmal nicht. Dass zudem die Pro-Kopf- Belastung von KMU größer ist als der von Unternehmen über 500 Mitarbeitern, ist eine weitere fragwürdige Regelung. Damit wird der typische Mittelstand gegenüber Großunternehmen deutlich benachteiligt. Kommen wir zu einem weiteren Reformziel, das aus unserer Sicht nicht erreicht ist, nämlich Entbürokratisierung und Reduzierung von Aufwand bei der GEZ. Auch hier bin ich wieder bei der Betriebsstättenabgabe und der Beitragspflicht für Kraftfahrzeuge. Die Unternehmen leisten einen Beitrag am Gesamtvolumen des Beitragsaufkommens von rund 6 Prozent. Das entspricht bei ca. 7,6 Mrd. € rund 500 Mio. €. Für diese 500 Mio. € muss nun jedes Unternehmen auf Personalgröße, Anzahl der Betriebsstätten, Filialen sowie auf Anzahl der Kfz überprüft werden. Können Sie sich vorstellen, Herr Meyer, welchen Aufwand das macht? Wissen Sie eigentlich, dass die GEZ schon heute eine Supermeldebehörde quasi darstellt, die jetzt noch mit mehr Daten gefüttert werden soll? Wissen Sie, dass die GEZ laut ihres Geschäftsführers Hans Buchholz anstatt den Personalbedarf zu senken, jetzt ca. 400 neue Stellen schaffen will, so dass ab 2013 rund 1.400 Personen mit sammeln und prüfen der Datenmenge auskömmlich beschäftigt sind? Wir verstehen etwas anderes unter sittsamem Umgang mit Bürgern, Beiträgen und Systemeffizienz.

Die erste und einfachste Form des Bürokratieabbaus wäre die Betriebsstättenabgabe und die Beitragspflicht für Kraftfahrzeuge sofort abzuschaffen. Das sehen im Übrigen nicht nur die betroffenen Betriebe und die IHKen - ein Schreiben der IHK Südthüringen haben Sie, glaube ich, alle bekommen - so, sondern auch der Bund der Steuerzahler, der 2010 diese Ineffizienzen deutlich aufgezeigt hat. Anhand des KI.KAs, also des Kinderkanals, haben wir gesehen, dass im System öffentlich-rechtlicher Rundfunk durchaus noch Luft ist, denn trotz verschwundener Millionen hat keiner etwas gemerkt, weder bei der personellen noch technischen Ausstattung, noch an der Sendequalität des KI.KAs. Das ist der Beweis, dass Einsparungen möglich sind, ganz zu schweigen von der finanziellen Entlastung durch den Rückbau der GEZ. Da sind wir bei einem weiteren Punkt unseres Entschließungsantrags. Es muss möglich sein, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ressourceneffizient und sparsam seine Mittel einsetzt. Wir müssen einmal prüfen lassen, inwieweit programmliche Redundanzen die Rekrutierung teuren Spitzenpersonals insbesondere im Showbereich, Begrenzung des Programmangebots unter dem Gesichtspunkt des Grundversorgungsauftrags, der Rechteeinkäufe, Übertragung von Sportereignissen usw. Ich finde es als Skandal - und das sage ich ganz deutlich -, dass das ZDF einen Beitrag von über 50 Mio. € - und das sage ich auch als Fußballfan -, für die Champions League bezahlt, obwohl es am Markt genügend Privatanbieter gibt. Da rede ich über frei zugängliches Fernsehen.

Hier wird mit erzwungenen Abgaben von Bürgen ein ungleicher Wettbewerb geführt. Hier muss sich im Selbstverständnis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks noch einiges ändern. Mittel, die dabei eingespart werden, müssen sofort aus unserer Sicht in die Reduktion der Beitragslast der Bürger münden. Dabei muss aber eines klar sein, die Programmqualität darf nicht leiden. Der Bürger muss einen Mehrwert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erkennen, sonst wird er eines Tages den Beitrag zu Recht verweigern. Ein solcher Mehrwert muss u.a. die Erhöhung der barrierefreien Beiträge sein, denn wir dürfen nicht vergessen, dass nunmehr auch Seh- und Hörgeschädigte im Beitragszahlerkreis aufgenommen sind. Das ist aus unserer Sicht im Sinne einer erfolgreichen Integration von Menschen mit Behinderung durchaus legitim. Integration, auch das wissen wir, ist keine Einbahnstraße, aber der Rundfunk ist hier auch aufgefordert zu liefern. Sie sehen, es erwächst uns aus einem solchen Staatsvertrag auch eine besondere Verantwortung. Daher haben wir den Entschließungsantrag eingebracht, der zu den aus unserer Sicht bestehenden zentralen Problempunkten des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags Stellung bezieht und der uns zur Verwirklichung der zentralen Reforminhalte mahnt; all dies im Sinne der Gebührenzahler. Denn nur wer den Nutzen und die Notwendigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erkennt, wird die erhobenen Beiträge auch gern entrichten. Daher bitte ich Sie, unseren Entschließungsantrag zusammen mit dem Gesetzentwurf an den Ausschuss für Europaangelegenheiten zu überweisen. Vielen Dank!

14.06.2012 2999