Rede zum Ersten Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen -Herr Kuschel, da müssen Sie den Herrn Kemmerich schon selber fragen; ich könnte es Ihnen verraten, aber ich weiß nicht, ob Sie es verstehen würden, Herr Kuschel. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind heute dazu aufgerufen, über die Entfristung des Behindertengleichstellungsgesetzes zu entscheiden. Ich glaube, es dürfte hier im Hohen Hause keinerlei Dissens darüber bestehen, dass Menschen mit Behinderung einen wichtigen Teil der Gesellschaft darstellen, diese aber immer noch oft oder noch oft genug um entsprechende Anerkennung ringen müssen. Dem Ansinnen der Stärkung von Menschen mit Behinderungen muss auch vonseiten der politischen Entscheidungsebene Rechnung getragen werden - das ist klar - und es müssen somit auch entsprechende unterstützende Maßnahmen eingeleitet werden. Dies war im Übrigen eine Forderung, die durch uns auch in der Zeit der außerparlamentarischen Opposition immer wieder an die Landesregierung gerichtet wurde. Das kann sein, aber vielleicht haben Sie es einfach nicht vernommen. Aber vielleicht hören Sie jetzt zu, da können Sie es noch einmal hören, Frau Stange. Das hier vorliegende Gesetz wird von uns daher, im Gegensatz zu Ihnen, inhaltlich vollumfänglich mitgetragen. Dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, die sich aus dem Grundgesetz, unserer Landesverfassung und der durch die Bundesrepublik ratifizierten UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen ergibt, müssen wir Parlamentarier die entsprechende Aufmerksamkeit widmen und uns intensiv mit der Verbesserung der sozialen Integration von benachteiligten Bürgern auseinandersetzen. Dies gilt explizit nicht nur für Menschen mit Behinderungen, sondern meint unter anderem auch den Komplex der sozialen Explosion von Migranten oder auch der Armutsproblematik. Generell scheint nach der sozialen Frage des 19. Jahrhunderts, der Frage der Auseinandersetzung von Gesellschaftssystemen im 20. Jahrhundert nunmehr im 21. Jahrhundert die Bekämpfung von sozialer Explosion, beispielsweise durch Armut, Behinderung, Herkunft oder Alter, entscheidend für das Fortschreiben der Erfolgsgeschichte der westlichen Demokratie und des Wirtschaftsmodells zu sein. Wir als Liberale werden und wollen unseren Teil dazu beitragen, dass Menschen in dieser Gesellschaft eine Chance haben, ihr Leben möglichst frei zu gestalten, und, egal aus welchem Umfeld oder sozialen Schicht sie stammen, sich als gleichwertigen Teil dieser Gesellschaft zu verstehen. Daher sei auch an dieser Stelle allen gedankt, die sich immer wieder für die Rechte Benachteiligter eingesetzt haben und einsetzen. Wichtig aus unserer Sicht bleibt dabei nur, dass man den Fehler vermeidet, in guter Absicht den einen zu fördern und den anderen zu überfordern. Wir brauchen stets den politischen Maßstab der Verhältnismäßigkeit, sind wir doch in der Bundesrepublik Deutschland in der glücklichen Lage - auch das muss mal gesagt werden -, durchaus in vielen Fragen ein Vorbild für andere Staaten und Gesellschaften zu sein. Dies ändert natürlich daran nichts, dass auch bei uns in Thüringen alle gesellschaftlichen Akteure - das habe ich bereits schon betont – aufgerufen sind, sich selbst wie auch ihr Handeln und Tun zu hinterfragen und mitzuhelfen, Vorurteile und Barrieren abzubauen. Allein mit Gesetzen und politischem Willen ist es dabei jedoch nicht getan. Da wundert es mich schon sehr, dass das vorliegende Gesetz mit der Begründung entfristet werden soll, dass der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, der heute unser Gast im Plenum ist, in der Mitte und am Ende der Legislatur einen schriftlichen Bericht anfertigen soll. Dies allein kann doch noch keine Rechtfertigung für eine Entfristung sein. Meines Erachtens ist unter Evaluation eines Gesetzes vor allem die konkrete Überprüfung dessen Wirksamkeit zu verstehen. Es geht also nicht darum, dass wir jetzt eine Institution haben, die sich um diese Fragen kümmert, sondern wie wir als Gesetzgeber das Gesetz in Abständen der Überprüfung zuführen, um es gegebenenfalls an die bestehende Realität anpassen zu können. Dies zu diskutieren und um die Wirksamkeit des Gesetzes in Abständen überprüfen zu können und zu müssen, ist für uns eine weitere Befristung genau das richtige Instrument. Dass wir uns darin einig sind, dass Behinderte die gleichen Rechte haben sollen, steht hier außer Frage und ist, wie erwähnt, bereits Bestandteil des Grundgesetzes und unserer Landesverfassung. Der Inhalt des Gesetzes richtet sich somit nicht an dem Ob, sondern an dem Wie aus. Die Frage lautet also, wie können wir den Verfassungsauftrag umsetzen? Darüber sich in Abständen zu unterhalten und regelmäßig Anpassungen vorzunehmen, ist zwingende Voraussetzung für die Ausgestaltung des Verfassungstextes im alltäglichen Leben. Wir halten daher die weitere Befristung des Gesetzes für mehr als geboten und stimmen einer Entfristung des Gesetzes so nicht zu. Eine weitere Befristung um 5 Jahre ist meiner Meinung nach genau im Kontext der zu überprüfenden Umsetzung der UN-Konvention mehr als geboten. Ich kündige heute schon für den morgen in zweiter Lesung zu behandelnden Gesetzentwurf einen entsprechenden Änderungsantrag an. Vielen Dank.

08.01.2011 3101