Thüringens Landwirtschaft muss
gentechnikfrei bleiben


Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, ich verzichte explizit darauf hinzuweisen, wie die Beteiligung von Frau Mühlbauer als wirklich richtig, als wichtiges Thema bezeichnet worden ist, und komme dann ganz schnell zu meiner Rede. Danke schön. Es ist aus meiner Sicht, aus unserer Sicht nicht zielführend, mit den Ängsten der Verbraucherinnen und Verbraucher zu spielen. Die FDP ist der Meinung, dass Deutschland als Forschungsstandort verliert, wenn die Gentechnik grundlegend verteufelt wird. Wichtig ist die Schaffung eines wirklich ausreichenden wissenschaftlichen Vorlaufs zur Feststellung und Abwägung von Chancen und Risiken der Gentechnik. In den rund zwei Jahrzehnten seit den Anfängen des Konflikts haben sich die Streitpunkte verlagert. Anfangs wurden Gentechnikpflanzen als Gefahr für die Gesundheit des Menschen dargestellt, später mögliche ökologische Folgen in den Mittelpunkt gerückt, zum Beispiel das Risiko, dass sich diese Pflanzen unkontrolliert in der Natur verbreiten könnten. Diese Argumente verloren an Glaubwürdigkeit, weil seit dem ersten kommerziellen Anbau 1995 in Kanada weltweit immer mehr Landwirte Gentechnikpflanzen anbauten und es dadurch weder zu gesundheitlichen noch zu ökologischen Desastern
kam. Zur Ehrlichkeit mit dem Umgang dieser zweifellos sensiblen Problematik gehört aber auch, viele Hoffnungen haben sich bis heute nicht erfüllt. So sind Pflanzeneigenschaften, die in armen Entwicklungsländern dringend benötigt werden, immer noch in der Erprobung. Dazu gehört beispielsweise auch eine geringere Empfindlichkeit gegen Dürren. Die Vorteile der heute verbreiteten Sorten - hauptsächlich
Mais, Soja, Baumwolle und Raps - beschränken sich auf wenige Eigenschaften wie Resistenz gegen bestimmte Insekten. Dies erfreut jedoch nur die Bauern. Für die Konsumenten ist der Nutzen nicht sichtbar. Sehr geehrte Damen und Herren, viele Menschen haben kein Verständnis dafür, dass und wie schädliche Insekten, Wildkräuter und Pilze überhaupt bekämpft werden. Dass die Ernährung der Bevölkerung nur gelingen kann, wenn man diese Schädlinge in Schach hält, gehört leider nicht mehr zum Alltagswissen. Die heutigen Getreide-, Obst- und Gemüsesorten werden als naturgegeben angesehen, der Überfluss als selbstverständlich. Eine natürliche Kartoffel zum Beispiel oder einen wilden Apfel konnte man ehemals nicht essen. Viele Ahnen unserer Kulturpflanzen enthielten sogar lebensgefährliche Gifte. Um sie essbar zu machen, begannen die Menschen vor ca. 10.000 Jahren, durch Zucht ihr Erbgut zu verändern,
oftmals so stark, dass unser heutiges Getreide,
Obst und Gemüse kaum noch Ähnlichkeit mit den Ursprungspflanzen besitzt. Auch bei der konventionellen Züchtung wurden bereits Artgrenzen überschritten. So ist die besonders im Biolandbau beliebte Triticale ein Mischwesen aus Weizen und Roggen. In der Biologie wird der alte Artbegriff grundsätzlich infrage gestellt. Immer mehr Wissenschaftler sind der Meinung, dass es in der Natur keine starren Artgrenzen mehr gibt, sondern fließende Übergänge zwischen den Organismen bestehen. Demnach wäre „Art“ ein theoretischer Begriff. Sehr geehrte Damen und Herren, richtig ist auch,
dass bei gentechnischen Verfahren die Gene verwandtschaftlich weit voneinander entfernter Lebewesen übertragen werden können, etwa von einer Bakterie in den Mais. Dazu sollte man jedoch wissen, dass viele Lebensbausteine ohnehin in der Mehrheit aller Organismen enthalten sind. So besteht das menschliche Erbgut aus vielen Genen, die auch Pflanzen tragen. Auch die Deutschen essen tagtäglich
Tausende von Lebensmitteln, die gentechnisch
erzeugte Bestandteile enthalten oder mit gentechnischen Verfahren hergestellt wurden. Die Gentechnik ist bereits jetzt in der Lebensmittelproduktion weit verbreitet. Enzyme, Aminosäuren, Vitamine und andere Prozesse und Inhaltsstoffe werden längst gentechnisch
hergestellt. So beispielsweise wird Lab, das ist ein Enzymgemisch, das für die Käseherstellung notwendig ist und früher nur aus Kälbermagen hergestellt werden konnte, heute häufig aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt. Auch das Soja, Hauptbestandteil des Kraftfutters für zum Beispiel Milchkühe, Mastbullen, Schweine und Hühner, stammt größtenteils aus gentechnisch veränderten Pflanzen. Die FDP tritt für einen sensiblen und verantwortungsvollen Umgang sowie für verlässliche Rahmenbedingungen für die Forschung und wissenschaftliche Begleitung der künftigen Nutzung der Grünen Gentechnik ein. Eine Kennzeichnung, ob und in welchem Maße sich gentechnisch behandelte Inhaltsstoffe in Lebensmitteln befinden, wäre eine weitere sinnvolle Maßnahme dazu. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

03.03.2010 3139