„Das Land muss sparen, aber nicht einseitig auf Kosten der Kommunen.“

Gera (FDP-Fraktion Thüringen) - Zum Auftakt der auswärtigen Fraktionssitzung in Gera besuchte der FDP-Fraktionsvorsitzende Uwe Barth am 7. November zusammen mit dem Ostthüringer Abgeordneten Dirk Bergner die Firma Aircraft Painting EDAJ in Leumnitz.

Geschäftsführer Olaf Roth begrüßte die Gäste aus dem Landtag in seiner neuen Halle in der gerade eine blaue Antonow zu Lackierungsarbeiten steht. In ganz Deutschland gibt es nur noch drei weitere Unternehmen, die sich auf die Flugzeuglackierung spezialisiert haben, in Thüringen ist die Firma mit direkter Anbindung an die Landebahn einmalig. Olaf Roth hat rund eine halbe Million Euro in die neue Halle investiert, um sich dabei neben seiner angestammten Fahrzeuglackierwerkstatt ein weiteres Standbein zu schaffen.

Die Anträge für Fördermittel habe er mehrfach überarbeiten müssen, berichtete Roth. Letztlich seien sie mit nicht nachvollziehbarer Begründung abgelehnt worden. "Ich habe es dennoch aus eigener Kraft geschafft, weil ich überzeugt war, dass es klappt und die Arbeitsplätze für meine 13 Mitarbeiter sichert", zeigte sich Roth stolz. Von Uwe Barth nach seinen Wünschen an die Politik befragt, verwies er auf die 250 Meter fehlende Landebahn, die derzeit gewerbliche Landungen auf dem Verkehrslandeplatz verhindern. Angesichts der Finanzsituation der Stadt Gera sind die dafür erforderlichen 500.000 Euro aber derzeit nicht aufzubringen. So hofft man nun auf einen schrittweisen Anbau von 100 Metern pro Jahr.

Beim Besuch der Jugendstation Gera, wo sich Jugendgerichtshilfe, Polizei und Staatsanwaltschaft unter einem Dach befinden, zeigte sich Dirk Bergner positiv überrascht von der Effektivität dieser Einrichtung. Durch die enge Verzahnung der drei Institutionen sei eine schnelle Diversion nach einem Delikt der jugendlichen Straftäter möglich. "Die Jugendlichen sehen, dass die Strafe auf dem Fuß folgt. Das verringert die Wahrscheinlichkeit einer Straftat deutlich", sagte Bergner und bedauerte gleichzeitig, dass es diese Art der Einrichtung bisher nur in Gera und Jena gibt.

Der Arbeitskreis für Soziales, Bildung und Landwirtschaft startete in Gera mit einem Besuch der katholischen Kindertagesstätte "Perlboot". Dort werden unter der Obhut von Leiterin Gabriele Dannenberg derzeit 70 Kinder von einem Jahr bis zur Einschulung ganztägig betreut. Die ersten werden um sechs Uhr gebracht und die letzten gegen 17 Uhr abgeholt. "Wir öffnen aber auch bis 19 Uhr, wenn Bedarf durch die Eltern besteht", erklärt Gabriele Dannenberg. Die Kleinen fühlen sich in dem ungewöhnlichen Bau mit dem riesigen Garten wohl, konnte der Arbeitskreisvorsitzende Marian Koppe feststellen. Das rundliche Gebäude aus Naturmaterialien wurde einem riesigen Schneckengehäuse nachempfunden.

In der Berufsakademie Gera wurde der Arbeitskreis von Direktor Prof. Dr. Burkhard Utecht empfangen. Die Berufsakademie spürt mittlerweile auch die Auswirkungen der demografischen Entwicklung. In diesem Jahr ging die Zahl der Studienanfänger erstmals von 500 im Vorjahr auf jetzt 430 zurück. Die staatliche Studienakademie hat mittlerweile 1.200 Praxispartner, die überwiegend Thüringer Unternehmen sind und in allen Gremien der Berufsakademie 50 Prozent Mitspracherecht haben. Die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Franka Hitzing, ließ sich auch die Sanierung des Schlossgebäudes erklären. Mit einer Investition von 6,4 Millionen Euro sollen in dem historischen Gebäude Platz die Bibliothek, Seminarräume und Räume für die Verwaltung geschaffen werden. Die Finanzierung erfolgt zu 75 Prozent aus EU-Mitteln.

Der Einladung zur öffentlichen Fraktionssitzung der FDP-Fraktion folgten rund 30 Gäste. Die Finanzlage der Kommunen war auch angesichts der aktuellen Situation von Gera das erste Thema. Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Thüringer Landtag, Dirk Bergner, machte deutlich: "Das Land muss sparen, aber nicht einseitig auf Kosten der Kommunen." Auf Initiative der FDP-Fraktion kommt das Thema Kommunalfinanzen im Thüringer Landtag immer wieder auf den Tisch. "Wenn wir es zulassen, dass Zwangsvollstreckungen gegen Kommunen erlassen werden, verspielt die öffentliche Hand ihre Glaubwürdigkeit", sagte Dirk Bergner. Gleichzeitig versprach er, dass sich die FDP-Fraktion auch weiter auf die Seite der Kommunen stellen werde.

Auch die aktuellen Wirrungen in der Thüringer Landesregierung beschäftigen die Bürger in Gera. Deutliches Unverständnis über die üppigen Versorgungsansprüche, vor allem um die Bezüge des Thüringer Wirtschaftsministers wurde von den Gästen geäußert. Die FDP-Fraktion im Thüringer Landtag hatte Strafanzeige gegen Matthias Machnig gestellt, da sie die Anzeigepflicht des Ministers über die Höhe seiner Bezüge verletzt sah. "Durch die vier Fälle (Gnauck, Machnig, Lieberknecht, Schöning) wird der Ruf Thüringens ruiniert", sagte Fraktionschef Uwe Barth.

Ein Vater berichtete über die Situation in der Klasse seines Sohnes, in der von 26 Kindern sechs Kinder mit Förderbedarf und ein verhaltensauffälliges Kind gemeinsam unterrichtet werden. Die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Franka Hitzing, sagte: "Inklusion geht nur im Mehrpädagogenprinzip und mit kleinen Klassen. Und das funktioniert nur in Förderschulen." Jedes Kind habe ein Recht auf optimale Förderung. Deshalb setzt sich die FDP-Fraktion auch weiterhin für das gegliederte Schulsystem und für das Leistungsprinzip an Thüringer Schulen ein. Eine Umfrage hatte erst kürzlich ergeben, dass 90% der Thüringer gegen die Abschaffung von Schulnoten sind. "Wir haben keine Einheitskinder, also brauchen wir keine Einheitsschule", so Franka Hitzing.

12.11.2013 www.dtoday.de