Das geplante Krankenhausgesetz in Thüringen bringt mit Qualitätskriterien die Kliniken in Aufruhr. Die Häuser fürchten starre Vorgaben, Mehrkosten oder das Aus für Abteilungen.

Von Robert Büssow

Qualitätskriterien ängstigen Kliniken

Das thüringische Gesundheitsministerium will Qualitätskriterien für Krankenhäuser einführen.

ERFURT.
Qual oder Qualität: Ein neues Krankenhausgesetz erhitzt in Thüringen die Gemüter. Das Gesundheitsministerium plant die Einführung von Qualitätskriterien.

Was richtig klingt, ist in der Praxis hoch umstritten: Seit zehn Jahren wird um dieses Gesetz gerungen. Mehrere Anläufe sind an der Lobby der Krankenhäuser gescheitert.

"Wir tun uns mit dem Thema noch schwer", gesteht Staatssekretär Hartmut Schubert (SPD). Die größte Angst der Kliniken vor Mindestmengen sei zwar unbegründet: "Das wollen wir momentan gar nicht."

Andere Qualitätskriterien hingegen schon. Diskutiert wird derzeit, wie viele Fachärzte eine Abteilung vorhalten muss.

Schubert hält fünf für notwendig - als Minimum bei einer 24-Stundenversorgung, Urlaub und Erkrankung. "Diese Zahl muss aber nicht für alle Abteilungen gelten", so Schubert.
Kliniken gegen starre Vorgaben

Die Position der Kliniken ist klar: "Wir sind nicht gegen Qualität, aber gegen starre Vorgaben", sagt Gundula Werner, Vorsitzende der Landeskrankenhausgesellschaft.

"Strukturelle Vorgaben haben mit der Ergebnisqualität für den Patienten nur wenig zu tun." Schon heute sei ein Facharztstandard garantiert. Das könne aber auch ein Assistenzarzt mit entsprechender Erfahrung sein.

Sollte das Ministerium mit einer festen Vorgabe ernst machen, sei dies "womöglich nicht finanzierbar" und auch angesichts Ärztemangel kaum realisierbar, fürchtet Werner.

Vor allem kleine Krankenhäuser könnten gezwungen sein, Abteilungen zu schließen. Das will Schubert vermeiden: "Uns ist wichtig, dass alle Standorte erhalten bleiben. Niemand muss um seine Existenz besorgt sein."

Das Ministerium drängt in eine andere Richtung: Die Kliniken in Thüringen sollen sich spezialisieren und kooperieren. "Wir können nicht mehr überall alles vorhalten", sagt Schubert.
Gesetz soll noch in diesem Jahr kommen

Im Landtag stoßen die Pläne auf ein geteiltes Echo. "Wir wollen die Erreichbarkeit der Kliniken auch im ländlichen Bereich sicherstellen, wir wollen eine hohe Qualität und wir wollen die Vielfalt der Träger erhalten", sagt der CDU-Abgeordnete Christian Gumprecht.

Er erinnert daran, dass die 38 Kliniken oft größter Arbeitgeber vor Ort sind - sie setzen 2,8 Milliarden Euro im Jahr um und beschäftigen 27.600 Mitarbeiter.

"Qualitätsanforderungen dürfen nicht über die anerkannten fachlichen Standards hinausgehen", mahnt er. "Mehr Qualität klingt erst einmal gut, aber das ist nur eine clevere Kostenbremse für die Krankenkassen", sagt der FDP-Abgeordnete Marian Koppe.

Sowohl Mindestmengen als auch eine konkrete Facharztzahl wünscht sich der promovierte Chirurg Thomas Hartung (SPD), damit "jeder Patient weiß, egal, in welches Krankenhaus er geht, dass er ein bestimmtes Niveau erwarten kann."

Nicht alle Vorgaben seien bisher rechtsverbindlich. "Und ob ich eine große Bauchspeicheldrüsenkrebs-OP, eine der schwierigsten Operationen, nur dreimal im Jahr mache und dann die nötige Erfahrung habe, wage ich doch zu bezweifeln."

Das Gesetz soll - nach einer Anhörung im Landtag - voraussichtlich zum Jahreswechsel in Kraft treten.

12.07.2013 Ärztezeitung