Gesundheitspolitik

Der Ärztemangel in Thüringen wird sich bis 2020 ausweiten. Davon geht die Techniker Krankenkasse aus. Ein FDP-Konzept sieht Verbesserungen vor, ist jedoch umstritten.

Erfurt- Die Techniker Krankenkasse geht davon aus, dass ein Ärztemangel in Thüringen nicht mehr abzuwenden ist. Bis zum Jahr 2020, so Thüringen-Chef Guido Dressel, gingen im Freistaat allein rund 1000 Hausärzte in den Ruhestand. "Die werden wir nicht ersetzen können", sagte Dressel gestern in Erfurt. Man müsste sich darauf einstellen, dass es 2020 in Thüringen weniger Ärzte als heute geben werde. Der Krankenkassenchef berief sich auf eine Studie der Kassenärztlichen Vereinigung. Demnach werden jedes Jahr rund 150 neue Hausärzte gebraucht, um in Rente gehende Kollegen zu ersetzen. Tatsächlich gebe es aber nur 30-40. Daher müssen künftig medizinische Angestellte Aufgaben von Ärzten übernehmen. "Wir haben noch keinen Mangel an Ärzten, aber er wird kommen", sagte der Thüringen-Chef der Krankenkasse Barmer GEK, Paul Friedrich Loose. "Je weiter sie von einer Stadt weggehen, desto problematischer wird es." Nach Angaben der FDP-Gesundheitspolitiker Marian Koppe sind in Thüringen 40% aller Hausärzte älter als 60 Jahre. Koppe zufolge fehlen bereits jetzt 244 Hausärzte und 25 Fachärzte. Besonders bei Augenärzten soll es zunehmend Engpässe geben. Bei einer bundesweiten Untersuchung zum Ärztemangel seien in Thüringen die "dramatischsten Zahlen" gekommen. Der FDP-Politiker legte ein Drei-Punkte-Programm gegen den Ärztemangel vor. So sollen die Landkreise mehr unternehmen, um Praxen oder Grundstücke für Ärzte bereitzustellen. Koppe forderte außerdem, die Zahl der Medizin-Studenten im Freistaat auszuweiten - pro Semester um mindestens 25. Damit käme man künftig auf 245 Studenten. SPD-Gesundheitspolitiker Thomas Hartung wies die Forderungen als widersprüchlich und populistisch zurück. Das Problem sei, dass jeder zweite Medizinstudent später nicht im Gesundheitswesen arbeite. Die Absolventen nähmen stattdessen lukrative Jobs etwa in Pharmafirmen an. Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen, die für die Besetzung frei werdender Arztpraxen zu sorgen hat, wies auf ihre Anstrengungen hin. Nach Angaben von Hauptgeschäftsführer Sven Auerswald gibt es zinsgünstige Darlehen in erheblicher Höhe für Investitionen und Praxisübernahmen. Eine gemeinsame Stiftung mit dem Land vergebe Stipendien für Medizinstudenten. Aktuell bekämen 66 Studenten die 250 Euro pro Monat. Zudem habe man in Thüringen als erstem Bundesland sogenannte Eigeneinrichtungen geschaffen, die in unterversorgten Gebieten Ärzte anstellen könnten. Es gebe von Einrichtungen, eine davon in Südthüringen. Auerswald verlangte eine Wiedereinführung von zinsgünstigen Krediten für Ärzte. "Wenn der Freistaat nicht nachlegt, machen die Ärzte um Thüringen einen Bogen", sagte er. Landeschef Dressel von der Techniker Krankenkasse warf der Landesregierung vor, keine abgestimmte Strategie zu haben. "Die Thüringer brauchen 2020 nicht den höchsten Anteil an erneuerbaren Energien, sondern eine gute medizinische Versorgung", sagte er. Das Gesundheitsministerium wies die Kritik zurück. "Es tut sich eine ganze Menge", sagte Sprecher Uwe Büchner auf Nachfrage. Allerdings brauche es einiger Jahre, ehe die Maßnahmen griffen. Laut Büchner soll bereits heute zehn weiteren Medizinstudenten ein Stipendium gewährt werden. Damit verbunden sei die Verpflichtung, nach Abschluss mindestens vier Jahre in Thüringen als Arzt zu arbeiten.

08.01.2013 STZ - Südthüringische Zeitung