Gesundheitspolitik

Koppe: Gesetzgeber muss Sanktionen für Kliniken schaffen"

von Elmar Otto

Erfurt.
Um die paradoxe Situation zu veranschaulichen, stellt Marian Koppe folgende Frage: "Was würden Sie denn einem Handwerksbetrieb sagen, der tausendfach falsche Rechnungen schreibt und wenn er erwischt wird, als einzige Strafe die Korrektur der gestellten Rechnung befürchten muss?" Was in diesem Fall undenkbar ist, gehört im Gesundheitswesen zur gängigen Praxis. Bislang geht die falsche Abrechnung von Leistungen für Krankenhäuser mit keinerlei Sanktionen oder auch nur Kostenbeteiligungen einher, solange nicht nachgewiesen ist, dass diese vorsätzlich geschehen ist. Umgekehrt entstehen den Krankenkassen zusätzliche Kosten in Höhe von 300 Euro für jede Überprüfung einer Abrechnung, die keinen Fehler nachweist.

"Diese Ungleichbehandlung zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern ist eine nicht vertretbare Waffenungleichheit zu Lasten der Krankenkassen und der gesetzlich Versicherten", sagt Koppe. Es widerspreche auch dem Rechtsempfinden, wenn die Verantwortung zwischen den Akteuren so ungleich verteilt sei.

Wozu das führt, hat Koppe jetzt schwarz auf weiß: Allein im ersten Halbjahr 2012 haben die Prüfer vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) in Thüringen 21372 Krankenhausrechnungen und damit mehr als die Hälfte als "korrekturbedürftig" bewertet, teilt das Sozialministerium mit. Was nichts anderes bedeutet, als dass zu hohe Rechnungen ausgestellt wurden.

2012 mit mehr als 90000 Prüfungen zu rechnen

Für den Liberalen ist es zudem erschreckend, welcher zusätzliche Aufwand das Prozedere auf Seiten der Krankenkassen und des MDK bedeute. So seien 2007 etwa 58000 Rechnungen geprüft worden, 2010 bereits 70000. Und im ersten Halbjahr 2012 belaufe sich diese Zahl aufgrund der hohen Beanstandungsquote bereits auf über 43000, was am Jahresende also mehr 90000 Rechnungsprüfungen bedeuten würde, so Koppe. Und all das bei nur leicht gestiegenen Gesamtzahlen der vollstationären Patienten (2007: 551986 und 2010: 573525 Fälle).

"Mit der jüngsten Entwicklung seit 2011 hat die Problematik fehlerhafter Krankenhausabrechnungen insbesondere in Thüringen eine Dimension erreicht, die ein Eingreifen des Gesetzgebers zwingend nahelegt", sagt Koppe. Aus seiner Sicht stellen die Werte inzwischen sogar eine mögliche Fehlerquelle für die Datenbasis von Gesundheitsberichterstattungen oder der Krankenhausplanung dar.

Die Landesregierung verneint dies jedoch und unterstreicht vielmehr, dass die Datengrundlage weiterhin "ausreichend aussagekräftig" sei.





01.12.2012 Thüringische Landeszeitung