Justizpolitik

Holger Poppenhäger (SPD) will sich von seinen Plänen nicht abbringen lassen. "Die Justiz", da ist der zuständige Ressortchef fest von überzeugt, "bleibt auch bei der Arbeitsgerichtsbarkeit bürgernah und kompetent." Doch damit das gewährleistet ist, bedarf es aus der Sicht des Justizministers einer Schlankheitskur.

Erfurt. Poppenhäger will die Standorte von sechs auf vier reduzieren. Jena und Eisenach sollen dichtgemacht und lediglich noch Erfurt, Gera, Nordhausen und Suhl erhalten bleiben. Ein weiteres Argument für die Reform, die im Haushaltsbegleitgesetz verankert ist und nach der Sommerpause in den Landtag kommt: Gerichte müssen über eine gewisse Personalstärke verfügen, damit sie effizient arbeiten können. Mit einem Personaleinsatz von derzeit elf bis 18 Personen seien die Arbeitsgerichte die kleinsten im Geschäftsbereich des Ministeriums, so Tietz.

Von den insgesamt acht Richterstellen (je vier) in Jena und Eisenach sollen drei wegfallen, von den 15 übrigen Stellen an beiden Standorten werden ebenfalls drei gestrichen. "Die wegfallenden Stellen werden sozialverträglich abgebaut", heißt es. Der Grünen-Justizexperte
Carsten Meyer sieht das Ministerium mit Blick auf Demografie und Prozessentwicklung auf der Höhe der Zeit. Man könne zumindest nicht sagen, dass dem Minister der Mut fehle, in puncto Funktionalreform unpopuläre Entscheidungen anzugehen. Die Reform erscheine ihm einleuchtend, sagt Meyer.
Etwas skeptischer ist der FDP-Parlamentarier Marian Koppe . Seine Fraktion habe nie etwas dagegen, bestehende Strukturen auf Effizienz zu überprüfen, aber er zweifle, ob damit Wartezeiten bei Arbeitsgerichten verkürzt werden könnten. Und Linksfraktionär Ralf Hauboldt erinnert an "den peinlichen Fehlgriff" der damaligen CDU-Landesregierung bei ihren Schließungsplänen für das Landgericht Mühlhausen, die seiner Zeit erhebliche Proteste in Mühlhausen und Umgebung ausgelöst hatten.
Nach kritischer Prüfung sei damals deutlich geworden, dass über die Schließung einfach am "grünen Tisch" ohne ausreichende Prüfung, ohne Einbeziehung der Kommunen und Beschäftigten entschieden worden war. "Solche inhaltlichen und Verfahrensfehler müssen im jetzigen Entscheidungsprozess zu den Arbeitsgerichtsstandorten verhindert werden", mahnt er. Damit werde die relativ kleinteilige Gerichtsstruktur auf bundesdeutsches Normalmaß angehoben, betont er.

Zuletzt hätten sich Neuzugänge in Klageverfahren und Beschlusssachen am Arbeitsgericht Eisenach von 2429 im Jahr 2002 auf 1288 im Jahr 2010 fast halbiert, teilt das Ministerium auf TLZ-Anfrage mit. In Jena seien die Neuzugänge im gleichen Zeitraum von 2168 auf 1245 geschrumpft. Und künftig werde sich dieser Trend kaum umkehren: Thüringen weise als Flächenland eine vergleichsweise hohe Dichte an Arbeitsgerichten auf, so Justizministeriumssprecherin Doreen Tietz. Vor allem wenn man sie ins Verhältnis zur Zahl der Erwerbstätigen setze. Diese Entwicklung werde sich durch die Alterszusammensetzung sowie Geburtenrückgang und Abwanderung noch verstärken.

Für die Rechtsschutz suchenden Bürger des Landkreises Gotha werde der Weg sogar kürzer, da künftig Erfurt zuständig sei. "Und um den etwas weiteren Weg vom nördlichen Wartburgkreis nach Suhl auszugleichen, wird es in Eisenach Gerichtstage, das heißt Gerichtsverhandlungen in Arbeitsrechtssachen geben", so Tietz. Zudem werde im Amtsgericht Eisenach eine Rechtsantragsstelle für arbeitsrechtliche Streitigkeiten eingerichtet.

Kommentiert von Elmar Otto

12.07.2011 TLZ - Thüringische Landeszeitung