Kultusminister Christoph Matschie im Landtag: Träger-Kommunen sind in finanziell schwieriger Lage, das Land aber nicht minder. Er erklärte, dass es künftig verschiedene Fäörderungen geben werde, für Häuser mit nationalem und für Häuser mit regionalem Zuschnitt.

Erfurt. Kultusminister Christoph Matschie (SPD) hält mit dem Stand der Verhandlungen zur künftigen Finanzierung der Theater und Orchester noch hinter dem Berg.

"Jedes Kind weiß, dass solche Gespräche nicht auf dem Marktplatz geführt werden", konterte er gestern im Landtag drängende Fragen der Opposition. Unterschriftsreife Vereinbarungen mit den Häusern über den Finanzierungszeitraum 2013 bis 2017 will der Minister bis Mitte Juli vorlegen. Die Altenburger Abgeordnete Birgit Klaubert (Linke) sprach von einem "Drama mit ungeklärtem Ausgang".

Matschie erläuterte, dass es künftig verschiedene Förderlinien geben werde. Es sei zu unterscheiden zwischen Häusern mit regionalem Zuschnitt und jenen mit nationalem Anspruch. Für erstgenannte Kategorie verlangt der Kultur-Ressortchef ein stärkeres finanzielles Engagement der Trägerkommunen als bisher. Zwar habe er Verständnis, dass auch sie in finanziell schwieriger Lage seien. Das Land sei es jedoch nicht minder.

Dem Vernehmen nach streitet sich Matschie mit Finanzminister Wolfgang Voß (CDU) um rund fünf Millionen Euro, die den Landeszuschuss von derzeit 60 Millionen für die Theater und Orchester auf jährlich 65 Millionen Euro erhöhen sollen. Da das Kultusministerium in den Verhandlungen jedoch auch auf eine Rückkehr zur tariflichen Entlohnung der Künstler dringt, dürften die Aufwüchse erheblich höher ausfallen.

"Das würde viele Kommunen überfordern", mutmaßte Jörg Kellner (CDU). Sieben von zehn Häusern hätten Haustarifvereinbarungen zu niedrigeren Konditionen. Personalkosten zum Flächentarif würden allein für die Philharmonie Gotha Mehrkosten von jährlich 600 000 Euro bedeuten.

Der FDP-Abgeordnete Marian Koppe aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt warnte davor, demnächst nur noch Leuchttürme in Weimar und Erfurt wahrzunehmen. Er warf Kultusminister Matschie beim Bemühen um den Erhalt der Vielfalt Thüringer Theaterlandschaft Passivität vor.

Die grüne Kulturpolitikerin Astrid Rothe-Beinlich erinnerte daran, dass es während der Spielzeit 2009/10 im Freistaat 3644 Vorstellungen und 508 Konzerte gegeben habe: "Hut ab, was da geleistet wird."

Kommunale Träger reagieren auf Matschies Leitlinien zur Theater- und Orchesterfinanzierung ab 2013

Geteiltes Echo finden die Pläne für die Theater- und Orchesterfinanzierung ab 2013 von Kultusminister Christoph Matschie (SPD) bei den kommunalen Trägern in Ostthüringen. Vergangenen Freitag stellte er die Leitlinien seiner Förderpolitik bis 2017 vor und soll darin unterschieden haben zwischen überregional bedeutsamen Einrichtungen wie dem DNT Weimar und regional wirksamen Institutionen wie der Jenaer Philharmonie oder dem Theater Gera-Altenburg.

Geras OB Dr. Norbert Vornehm (SPD) wehrt sich gegen diese Unterteilung. "Ich bin Mitglied der Arbeitsgruppe, die zusammen mit dem Land über die künftige Theaterfinanzierung berät", sagte er auf OTZ-Anfrage. Während der Gespräche sei es zu keiner Zeit strittig gewesen, dass das Theater Gera-Altenburg zu den überregional bedeutsamen Häusern in Thüringen gehört. "Jeder, der etwas anderes sagt, würde sich als Nichtkenner qualifizieren." So sei Geras Stadtoberhaupt "absolut sicher", dass an dieser Haltung von Stadt und Land festgehalten werde. "Ich gehe auch davon aus, dass die Mittel, die mittelfristig notwendig sind, wie in der Vergangenheit zur Verfügung gestellt werden. Es gibt keinerlei Anzeichen, dass das Land hier Kürzungen vornehmen will."

Der Jenaer Oberbürgermeister Albrecht Schröter (SPD) kann hingegen mit den Plänen Matschies gut leben: "Wir sind mit der Bewertung nicht unglücklich, schließlich sollten wir vorab eine Selbsteinschätzung abgeben." Dem Theaterhaus Jena wurde eine überregionale Bedeutsamkeit zugedacht. Es sei in seiner Art auch einzigartig, so Schröter. "Wir haben also beides." Sicherlich habe jede Einrichtung eine überregionale Ausstrahlung, "doch ein Vergleich zwischen der Jenaer Philharmonie und zum Beispiel der Staatskapelle Weimar wäre schon überzogen." Auch in puncto Landesförderung kommen aus der Saalestadt keine Beschwerden. "Wir erhalten den gleichen Betrag vom Land wie in den Vorjahren, nicht mehr und nicht weniger", so Jenas Stadtchef.

Einen Sonderfall nehmen die Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt ein. Um das 43-köpfige Orchester zu erhalten, sollten laut Matschie künftige Kostenaufwüchse von den kommunalen Trägern allein gestemmt werden. Das Land würde seine jährlichen Zuschüsse 2,4 Millionen Euro für das Rudolstädter Theater auch ab 2013 einfrieren. "Schon seit der letzten Kürzung 2008 sind im Falle des Rudolstädter Theaters die kommunalen Träger überproportional beteiligt. Damals wurde die Finanzierung von 50/50 auf etwa 34/66 zu Lasten der Kommunalen gekürzt", erklärt die Landrätin Marion Philipp (SPD) und verweist darauf, dass die Umsetzung der Finanzierung umso schwerer ist, da der kommunale Finanzausgleich für 2012 massive Kürzungen für beide Städte und den Landkreis vorsieht.

Daher seien die Zuschüsse aus der Landeskasse für Rudolstadt nur ausreichend, wenn das Orchester in Verhandlung mit der Deutschen Orchestervereinigung und den Trägern bereit ist, weiter einen Haustarifvertrag wie bisher zu akzeptieren, erklärte der Rudolstädter Bürgermeister Jörg Reichl gestern auf OTZ-Anfrage. "Die Verhandlungen dazu sind vom Intendanten Steffen Mensching jetzt eingeleitet worden." Im Theaterzweckverband solle außerdem diskutiert werden, ob die Möglichkeit anderer Beteiligungsverhältnisse an der Gesamtfinanzierung durchsetzbar ist. Denn, so betont der Bürgermeister auch stellvertretend für seinen Saalfelder Amtskollegen: "Die Städte Rudolstadt und Saalfeld, sehen sich nicht in der Lage, weitere, über der bisherigen Summe liegende Zuschüsse aufzubringen."

Matschies Unterscheidung von Theatern mit regionaler und überregionaler Bedeutung setze vielmehr auf Differenz statt auf Zusammenwirken verschiedener Kulturformen, bedauert der Rudolstädter Intendant Steffen Mensching. Und weiter: "Statt den schwarzen Peter den klammen Kommunen unterzujubeln, sollte das Land, als der stärkere Partner, mehr Verantwortung übernehmen. Wenn Kultur Ländersache ist, muss sich das auch deutlich in Zahlen und Prozenten ausdrücken."



16.06.2011 TLZ - Thüringische Landeszeitung