Wirtschaftspolitik

Über den Einkäufer als gläsernes Wesen

Neben den Saalfelder Bemühungen, die Stadt wenn schon nicht auto- dann wenigstens baumfrei zu bekommen, dürfte die Einzelhandelskonzeption der Aufreger der Woche sein. Dank der telefonischen Befragung von 400 zufällig Ausgewählten, ist der typische Einkäufer aus dem Städtedreieck nun ein gläsernes Wesen. Sagenhafte 23 Millionen Euro schleppen wir nach Erfurt, weitere zwölf Millionen nach Jena, nur weil es bei uns angeblich nicht alles zu kaufen gibt. Auch untereinander läuft es alles andere als ausgewogen. Aus Bad Blankenburg fließt Kaufkraft nach Saalfeld und Rudolstadt ab. Rudostädter wiederum kaufen deutlich stärker in Saalfeld ein als umgekehrt. Der früher gern gebrauchte Spruch: "In Saalfeld wird das Geld verdient, in Rudolstadt wird es ausgegeben", stimmt zumindest in Bezug auf den Einzelhandel nicht mehr. Deshalb ist nur fair, wenn die Heidecksburgstädter den ersten Zugriff auf die Ansiedlung des erhofften Elektrofachmarktes haben. Das Ganze steht aber unter mindestens zwei Vorbehalten: Erstens müssen alle Stadträte dem Konzept zustimmen, zweitens die Rudolstädter es bis Ende nächsten Jahres hinkriegen, die Ansiedlung perfekt zu machen. Danach darf Saalfeld sagen: Das ist mein Laden! Geld nach Erfurt schafft theoretisch auch der FDP-Landtagsabgeordnete Marian Koppe. Eine Einladung zum Mittagessen musste er am Montag ausschlagen, weil der Königseer nach der Wahlkreisarbeit im neuen Rudolstädter Büro zum Arbeitskreis in die Landeshauptstadt musste. Von dort ging es mit dem Zug zurück zur Sitzung der Kreistagsfraktion. 21.30 Uhr stand er sichtlich geschafft erneut auf dem Rudolstädter Bahnhof, um nach Erfurt zu fahren, wo nach einer Nacht im Abgeordnetenwohnheim 7 Uhr der erste Termin anstand. Man fragt sich ernsthaft, wann der besserverdienende Liberale eigentlich sein Geld ausgeben soll. Vielleicht am Wochenende.

19.02.2010 OTZ - Ostthüringer Zeitung